Jeder Erdstall ist ein Unikat und unterscheidet sich in Größe, Ausformung und Gangfühung. Nur wenige Grundrisse tauchen in vergleichbarer Form mehrmals auf, die Verbreitung bleibt dann aber auf eine bestimmte Region begrenzt. Eine Ausnahme bilden Rundgangerdställe, die in Österreich und Zentralfrankreich fast baugleich vorkommen.

Einen Erdstall besuchen ...

Die meisten Erdställe sind entweder heute zerstört, in Privatbesitz oder aus anderen Gründen nicht zugänglich. Nachfolgend zwei Erdstallbeispiele die unter einem Wirtshaus liegen. Es gibt kaum eine bessere Kombination, als vor oder nach einer guten Brotzeit einen Erdstall zu besuchen ...


Klessinger

Erdstall Klessinger, Hundsruck, Saldenbug

Die erste urkundliche Erwähnung des Erdstalles im Keller des Wirtshauses Klessinger stammt aus dem Jahre 1449. Der Erdstall ist also schon seit Generationen bekannt. Bemerkenswert sind die Enge der Gänge und ihre geringe Höhe. Dafür ist die Anlage mit besonderer Präzision in den Fels gehauen.

Kontakt:

Gasthaus Klessinger, Hauptstraße 31, 94163 Saldenburg

www.gasthaus-klessinger.de


Münzkirchen

Erdstall Wösner, Münzkirchen, Oberösterreich (nahe Passau)

Dieser bemerkenswerte Erdstall ist vom Keller des Wirtshauses aus zugänglich. Nach einem engen, mit einer Trockenmauer umfassten Einstieg überrascht rechts eine kleine Rundkammer mit mehreren im Kreis angeordneten Nischen. Im weiteren Verlauf wird ein zum Teil ausgeräumter Bauhilfsschacht erreicht, der in der originalen Gangführung über eine senkrechte Schlupfröhre umgangen wird. Geradeaus durch den Bauhilfsschacht öffnet sich eine weitere Gangebene mit sehr schön gearbeiteten Sitznischen.

Kontakt:

Gasthaus Wösner, Hofmark 3, 4792 Münzkirchen / Österreich

www.woesner.at

Beispiel Erdstall Mitterschneidhart

Mitterschneidhart

Erdstall Mitterschneidhart, Gemeinde Langquaid, Landkreis Kelheim (Niederbayern)

In Mitterschneidhart wurde im Jahr 1991 ein Erdstall entdeckt, als beim Bauern Gerl die Baugrube für ein neues Güllesilo ausgehoben wurde. Die Anlage befindet sich teilweise unter einer früheren Hofstelle, die im Jahre 1896 abgerissenen wurde. In unmittelbarer Nähe befindet sich auch die Pfarrkirche St. Martin, die vermutlich einen mittelalterlichen Vorgängerbau hatte. Eine ehemalige Friedhofskapelle muss sich ganz in der Nähe zu einem der heute verschütteten Einstiege befunden haben. In einem Gangstück in diesem Bereich steht heute noch einer von zwei Mühlsteinen, die im Erdstall von Mitterschneidhart aufgefunden wurden. Dieser Mühlstein lässt sich nicht bergen, da das Gangstück nach hinten verschüttet ist und von der anderen Seite her nur über einen wasserführenden Schlupf zu erreichen ist. Der andere Mühlstein wurde geborgen und befindet sich im Besitz der Eigentümer. Mühlsteine werden immer wieder in Erdställen aufgefunden und regen zu Spekulationen über die Zweckbestimmung der unterirdischen Anlagen an.

Die Gänge waren zum Teil mit Erdreich und Gülle verfüllt. Bei den Grabungen kamen Scherbenfunde aus dem 14. und 15 Jh. zu Tage. Das Verfüllmaterial (extrem dünnschichtiger Plattenkalk) stammte nicht aus der unmittelbaren Umgebung und gibt bis heute ein Rätsel auf. Zusammen mit den Scherbenfunden wird auf ein Ende des Erdstalles im 15. Jh. geschlossen

Beispiel Erdstall Peiß

Peiß 1

Erdstall Peiß, Gemeinde Aying, Landkreis München (Oberbayern)

In Peiß (Gde. Aying, Lkr. München) wurde im Winter 1998 bei Aushubarbeiten für ein Wohnhaus der Einstiegsschacht eines Erdstalles angeschnitten. Die Baumaßnahmen fanden in erstaunlicher Nähe zur St. Nikolauskirche statt. Im Nordprofil der Baugrube wurden ein bronzezeitliches Vollgriffschwert und Keramikscherben gefunden. Die Funde sprechen für eine kontinuierliche Nutzung des Platzes seit frühester Zeit. Innerhalb eines halben Tages wurde die historische Fundstelle vom Landesamt für Denkmalpflege untersucht und wieder freigegeben. Dank des Grundstückeigentümers ist das Erdstallfragment nach wie vor erhalten, aber nicht mehr zugänglich. Der Erdstall besteht aus vier Gangabschnitten und drei Kammern. Er ist auf drei Etagen angelegt, die über zwei Durchschlupfe zu erreichen sind. Der letzte und tiefste Gangabschnitt endet durch Verschüttung. Aus diesem Bereich wurde seinerzeit Holzkohle entnommen und im Jahr 2017 einer Datierung zugeführt. Das Ergebnis (1135 - 1260 n.Ch.) deutet im Vergleich mit anderen Erdstalldatierungen auf ein Material aus der Nutzungs- oder Bauzeit. Eine Rekonstruktion der Anlage führt zur Annahme, dass der Erstall über mehrer Hilfsschächte angelegt wurde.

Der Erdstall in Peiß ist eine Besonderheit unter den Erdställen. In die Vertikalschlupfe wurden viereckige Tuffsteinrahmen mit einem Innendurchmesser von nur 38 cm x 38 cm eingearbeitet (Vgl. Erdstall Doblberg). Neben den Schlupfen lagen Lehmstränge, die Abdeckungen fehlten. Die Verschlussvorrichtungen sind so angelegt, dass die Gänge im Erdstall von Außen zu verschließen gewesen wären. Dies erweckt, wie auch in anderen Anlagen, den Eindruck, dass etwas in den Erdstall gebannt werden sollte. Ein Versteck von Außen zu verschließen macht wenig Sinn.

Im Jahr 2004 wurde der Erdstall erneut angeschnitten aber nicht weiter untersucht.

Beispiel Erdstall Rabmühle

Der Erdstall Rabmühle im Lkr. Cham zählt zu den bekanntesten Anlagen im bayerischen Verbreitungsgebiet, da er seit seiner Entdeckung 1914 immer wieder Gegenstand zahlreicher Forschungskampagnen war. Viele Deutungsversuche des ursprünglichen Zwecks der Gänge von Bergwerksstollen über Mithras-Kulthöhle oder Zufluchtsstätte wurden ihm angedichtet. Zudem zählt er mit 58 m Gesamtlänge auf mehreren Ebenen mit Stufen, Schlupfen, Kammern und Nischen zu den vielseitigsten Erdställen. Der vom Denkmalpfleger Herbert Wolf gestaltete Grundriss des Ganglabyrinths findet sich seit 1973 auf dem Titelblatt der jährlichen Erdstallhefte des Arbeitskreises für Erdstallforschung.

Die Entdeckung beim Sandabgraben 1914 durch den Rabmüller war aber nicht nur der Beginn der Erforschung dieser Anlage und Ansporn für die systematische Erfassung vieler Erdställe in der Oberpfalz, sondern leider auch der Anfang der sukzessiven Zerstörung dieses empfindlichen Bodendenkmals. Bereits kurz nach der ersten Bestandsaufnahme durch Stiftungsadministrator F. Pentner lies dieser die Gänge 1914 bzw. nach weiterer Forschung 1928 wieder verschließen, da durch Vandalismus, bzw. Abnutzung durch die unzähligen Befahrungen eine „nicht wieder gut zu machende Zerstörung“ der Anlage zu beklagen war.

1949 war es der Heimatforscher Adolf Schmalix aus Strahlfeld, der sich vehement für die weitere Erforschung des Erdstalls Rabmühle einsetzte und diesen gänzlich freilegte.

Schmalix und Karl Schwarzfischer, der 1959 und 1960 weitere Untersuchungen des Gangsystems organisierte, belegen durch ihre veröffentlichten Aufzeichnungen und Pläne, dass sich der Erhaltungszustand weiter verschlechterte. So war damals die heute nur mehr für besonders schlanke Forscher zu bezwingende, schräg aufwärts führende Röhre im Hauptteil der Anlage noch weitaus geräumiger und länger. Die betonierte Einfassung des Hauptganges von der ehemaligen Einstiegsstelle beim Brunnen war eingestürzt, sodass ein neuer Zugang (heutige Situation, mit Ziegeln gemauert und Eisentür) geschaffen wurde.

(Text: A. Mittermüller)

Beispiel Erdstall Viechtach

Viechtach

Erdstall hinter dem alten Rathaus in der Stadt Viechtach, Landkreis Regen (Niederbayern)

Neben einer Vielzahl von Kelleranlagen weist der Ort Viechtach beinahe ein Dutzend Erdställe auf. Bei Restaurierungsarbeiten am alten Rathaus wurde vor wenigen Jahren erneut ein Erdstall entdeckt und von Mitarbeitern der Stadt vorbildlich gesichert. Das Erdstallfragment wurde bei Bauarbeiten an zwei Stellen angeschnitten. Die Anlage ist in den für Viechtach typischen roten Flins gehauen. Die Gangsohle steht zeitweise bis zu 30 cm unter Wasser. Der Erdstall weist zwei horizontale Schlupfe, einen Vertikalschlupf und zwei größere Kammern auf, welch durch einen der beiden Horizontalschlupfe miteinander verbunden sind. Der andere Horizontalschlupf ist zugeschwemmt, dahinter ist eine Verfüllung mit größeren Gesteinsbrocken erkennbar. Unter dem Vertikalschlupf wurde eine Miniaturkammer festgestellt, die weniger als 110 cm Länge und knapp 50 cm Höhe misst. Die Kammer ist in sich abgeschlossen und zeigt, dass der Schlupf und die darunter liegende Aushöhlung von oben aus dem Gestein gearbeitet wurde, welches nur durch große Anstrengung möglich gewesen sein kann.

Die größere Anzahl der Erdställe in Viechtach befindet sich um den Stadtplatz und in unmittelbarer Nähe zueinander. Es gibt nicht viele Orte in Bayern, zu welchen mehrere Erdställe bekannt sind. Die meisten Anlagen kommen einzeln an einer Hofstelle oder im Bereich von alten Kirchen und Friedhöfen vor. Dieses unterschiedliche Vorkommen muss bei jeder Zweckbestimmung berücksichtigt werden.